Die Aids-Leugner kommen

Jetzt, wo der Boden für pseudowissenschaftlichen Unsinn im Bereich der Medizin fruchtbar gemacht wurde, jetzt wird es so richtig gefährlich. Nach den Homöopathen kommen jetzt die Aids-Leugner. Die große britische Zeitung Spectator wollte mit ihnen offen zusammenarbeiten. Aids-Leugnung hat prominente Fürsprecher.

Hinweis: An die Aids-Leugner in den Kommentaren: Eure Meinungen landen da, wo sie hingehören: Im Müll. Ist das jetzt klar? Wenn ihr hier mitreden wollt: Besorgt euch zuerst ein Gehirn – und eine Rechtschreibkorrektur!

Alternativmedizin-Kritiker Ben Goldacre berichtet über die Rezeption des Aids-Leugner-Films House of Numbers. Darin wird nahegelegt,

dass HIV nicht der Auslöser für Aids ist, sondern antiretrovirale Medikamente [mit denen Aids behandelt wird!] oder Armut oder Drogenmissbrauch oder dass HIV wahrscheinlich nicht existiert, dass diagnostische Werkzeuge nicht funktionieren und dass Aids einfach eine fadenscheinige Pseudo-Diagnose ist, die erfunden wurde, um antiretrovirale Medikamente für eine große Anzahl unzusammenhängender Probleme zu verkaufen und dass die Behandlungen zudem nicht funktionieren.

Das Londoner Raindance-Filmfestival erklärte, dass es stolz sei, den Film zu zeigen und ein Chef-Programmgestalter erklärte auf YouTube, dass sie den Film in 15-Sekunden-Abschnitten überprüft und keinerlei Ungenauigkeiten entdeckt hätten.

Der Politikredakteur des Spectator, Fraser Nelson, bewarb den Event seiner Zeitung, bei dem der Film öffentlich gezeigt werden sollte, mit den Worten: „Ist es legitim, über die Stärke der Verbindung zwischen HIV und Aids zu diskutieren? Es ist eine dieser hochemotionalen Themen, mit einer ziemlich starken und lautstarken Lobby, die sagt, dass jede offene Diskussion beklagenswert wäre und der Aids-Leugnung entspräche.“

Diese Strategie ist von Kreationisten bekannt und nennt sich „Teach the Controversy“. Es geht darum, so zu tun, als gäbe es eine innerwissenschaftliche Debatte über das jeweilige Thema der Pseudowissenschaftler und jeder, der meint, eine solche Debatte wäre bestenfalls sinnlos, wird als Zensor und Gegner der freien Rede gebrandmarkt. Auch Impfgegner bedienen sich dieser Strategie, denen Fraser Nelson ebenfalls zugeneigt war. In den modernen Medien liegt die Wahrheit stets in der Mitte, so kann auch Alternativmedizin nicht völlig falsch sein, sondern die extremen Gegner und die extremen Befürworter haben beide Unrecht, wie uns sogar hartaberfair im öffentlich-rechtlichen Fernsehen nahegelegt hat.

Aber warum sollte man Aids oder dessen Ursachen (den HIV-Virus) eigentlich nicht leugnen? Zum Beispiel, weil wir aus Erfahrung wissen, was dabei herauskommt. In Südafrika herrschte von 2000 bis 2005 die Auffassung in der Politik vor, dass HIV Aids nicht erzeuge und so wurden passende antiretrovirale Therapien abgelehnt. Zwei unabhängige Studien schätzen, dass ungefähr 350 000 Menschen in Südafrika während dieser Zeit unnötig gestorben sind. Katholische Kleriker erzählen den Menschen in Afrika derweil, Aids sei ein Komplott des Westens, um Afrikaner zu töten (siehe Der Herr ist kein Hirte von Christopher Hitchens), damit die Afrikaner keine Kondome benutzen.

Ben Goldacre weist auf ein besonders zweifelhaftes Element des Films hin. Darin taucht eine Frau namens Christine Maggiore mehrmals auf und erklärt emotional, dass sie nur darum noch am Leben sei, weil sie sich weigere, ihre Aids-Medikamente einzunehmen.

Christine Maggiore ist tot, worauf der Film nur am Ende in kleinen Buchstaben kurz hinweist. Sie starb im Alter von 52 an Lungenentzündung (Aids schwächt das Immunsystem). Ihre Tochter starb im Alter von drei Jahren an unbehandeltem Aids. Hätte sie die Medikamente genommen, wäre sie jetzt nicht tot und ihre Tochter Eliza wäre vielleicht nicht einmal an Aids erkrankt, worauf sie niemals auch nur getestet wurde.

Der Spectator hat erklärt, dass er den Event nicht aus Überzeugung verschob, sondern weil mehrere Teilnehmer absagten. Die Zeitung versichert, dass sie House of Numbers bei späterer Gelegenheit und mit einem „verlässlicheren Forum“ zeigen wird.

Auch Bill Maher, Regisseur von Religulous und Gewinner des Richard Dawkins Award 2009 (von der AAI gestiftet), ist ein Aids-Leugner.