Wahre und falsche Rechte

Ich wurde davon in Kenntnis gesetzt, dass wir nicht wie Robinson einsam auf einer Insel leben – was mir bis heute noch gar nicht aufgefallen war, aber ein Blick aus dem Fenster bestätigt die Hypothese! – und davon, dass die Vereinten Nationen ein „Recht auf Zugang zu sauberem Wasser“ im Jahre 2010 zu einem Menschenrecht erklärten.

Mir ist die UN-Erklärung natürlich ebenso schon lange bekannt wie die Sache mit unserem un-insolaren Dasein und ich verfasste in Der Westen. Ein Nachruf bereits eine Kritik über das unlogische und verheerende Verständnis von „Menschenrecht“, das die UN vertritt.

Auch sei „Wasser“ nicht dasselbe wie „Strom“ und „Gas“ und „Telefonleitung“. Danke für diesen Hinweis! Universelle Marktgesetze gelten trotzdem… universell.

Ferner sei es legitim oder jedenfalls könne man dafür „Verständnis“ aufbringen, wenn Menschen ihr „Recht auf Wasser“ – das nicht bei der UN einklagbar und somit rechtlich wirkungslos, aber in Hinblick auf die öffentliche Meinung von dramatischen Auswirkungen ist – „notfalls mit Gewalt“ gegen jene verteidigen, die es in Frage stellen. So ein Kommentator auf Facebook.

Mit anderen Worten sei es legitim, wenn mich jemand „notfalls“ via Selbstjustiz hinrichtet, weil ich für die Wasserprivatisierung argumentiere. So habe ich das jedenfalls verstanden und eine Korrektur dieser Interpretation habe ich trotz Nachfrage nicht vernommen. Aber nur „im Notfall“ – schließlich steht es so geschrieben. Wo? In den Zehn Angeboten der Giordano Bruno Stiftung. Für manche Linksaktivisten sind das die neuen Zehn Gebote. Mit faszinierenden Implikationen.

Angebot 4

Du sollst nicht lügen, betrügen,
stehlen, töten – es sei denn, es
gibt im Notfall keine anderen
Möglichkeiten,
die Ideale der Humanität
durchzusetzen!

Man solle, statt moralische Gebote und Verbote zu befolgen, im Sinne des Konsequenzialismus in jeder Situation „abwägen“, welche „positiven“ und „negativen“ Konsequenzen eine Handlung habe. Nur dass dies ohne ethischen Standard bedeutungslos ist und einem Freischein für Willkür gleichkommt. Wenn ich nicht weiß, wie mein Beurteilungskriterium („Ideale der Humanität“ ist inhaltsloses Blabla) lautet – so kann ich auch nichts „abwägen“ oder „positiv“ von „negativ“ unterscheiden. „Positiv“ oder „negativ“ in welcher Hinsicht, für wen, warum? Als eine Ethik für nackte Affen, die nur ihrem Instinkt folgen und somit keine Ethik brauchen – ergibt das irgendwie Sinn.

Wie man sieht, haben die Wasserrechtler ein Problem mit der Tugend des Wohlwollens.

Was denkt ein unbefangener Leser, der meiner Argumentation mit Wohlwollen gegenübertritt, wenn er mein Robinson-Beispiel liest?

„Ey, wir sind gar nicht Robinson oder auf einer einsamen Insel – so ein Idiot, dass er das nicht weiß!“

Wohl kaum. Es geht um die sehr grundsätzliche Frage, wie Menschen überleben und welche Rechte als universelle Menschenrechte gelten können. Welche Rechte brauchen Menschen, um überleben zu können? Sind diese Rechte widerspruchsfrei?

Menschen- und Wohlfahrtsrechte

Die liberalen Rechte auf Leben, Freiheit, Eigentum sind widerspruchsfrei. Sie bedeuten, dass niemand in unsere Freiheit eingreifen darf, solange wir die Rechte anderer Menschen achten. Wir alle können uns darauf einigen, dass niemand einen anderen Menschen ermorden, bestehlen, betrügen sollte (na gut, offenbar nicht jene, die mich für meine abweichende Meinung exekutieren wollen. Da wünscht man sich die Zeit zurück, als sie sich damit begnügten, mich lediglich nicht zu Vorlesungen einzuladen).

Rechte auf bestimmte Dienstleistungen oder Güter wie „Wasser“ implizieren hingegen, dass jemand diese Dienstleistungen oder Güter für andere Menschen bereitstellen muss – ob er will oder nicht. Das bedeutet, dass diese Wohlfahrts-„Rechte“ notwendig mit anderen Rechten kollidieren. Was sie seitens der Sowjetunion und ihrer Satellitenstaaten, die sie vor einigen Jahrzehnten ins Menschenrechtskonzept der UN einschleusten (die Wahrheit schwindet offenbar mit der Zeit), natürlich auch tun sollen. Wer 100 Millionen Menschen töten kann, der schert sich nicht um Widersprüche.

Wenn ich ein „Recht“ auf etwas habe, dann bedeutet das, dass der Staat es mir garantieren muss. Freiheit, Leben, Eigentum kann er jedem Bürger garantieren, ohne anderen Bürgern etwas wegzunehmen. Diese Rechte bedeuten lediglich, dass jeder Bürger ungehindert produktiv tätig sein und sein Leben leben darf, wie er es für richtig hält. Niemand wird dabei übervorteilt, niemand wird beraubt.

Der Staat kann mir aber nur dann Dienstleistungen oder Güter garantieren, wenn er sie vorher anderen Menschen – den Steuerzahlern – weggenommen hat, beziehungsweise, wenn er sie dazu zwingt, mir gegenüber diese Dienstleistungen zu erbringen (Sklavenarbeit, daher das Freitag-Beispiel).

Die Steuerzahler werden nicht individuell gefragt, ob sie damit einverstanden sind, dass ihnen etwas weggenommen wird – hier in Deutschland entscheidet einfach die Mehrheit, was der Staat nehmen darf und was nicht. Eine Grenze ist natürlich das laut Grundgesetz garantierte Recht auf Privateigentum (Artikel 14), das aber nur mäßigen Schutz bietet und sogleich durch eine undefinierte Sozialverpflichtung eingeschränkt wird (die ich nicht vollständig ablehne). Das „Recht“ auf den Eingriff des Staates in Menschenrechte bezieht sich hierzulande auf das Recht auf Privateigentum.

Zu anderen Zeiten bezog sich das Recht der Mehrheit, in die Rechte von Minderheiten einzugreifen, auf andere Menschenrechte wie das Recht auf Leben. Beispiel: In Nazideutschland durfte der Staat bestimmte Menschen, die zu einer „falschen“ Menschengruppe gehörten, exekutieren. In der Bundesrepublik darf er sie nur noch bestehlen. Auch die betroffenen Menschengruppen wurden auf eine reduziert. Früher durfte der Staat Reiche, Juden, Homosexuelle, „Asoziale“ bestehlen. Heute darf er nur noch „Reiche“ bestehlen. Fortschritt.

Widersprüche existieren nicht. Wenn sie irgendwo auftreten, dann versucht jemand, die Realität zu leugnen oder sie zu manipulieren – magisches Denken. Die Freiheitsrechte sind widerspruchsfrei. Rechte auf Dienstleistungen oder Produkte, die andere Menschen herstellen, sind nicht widerspruchsfrei, denn sie erfordern einen Eingriff in die Rechte, die sie zu schützen vorgeben. Und daher werden Wohlfahrtsrechte nur von Ahnungslosen, die die Zusammenhänge nicht verstehen, von Kriminellen, die Widersprüche für sich nutzen wollen, und von primitiven Wilden, die die Realität nicht erfassen können, vertreten. Und somit verwundert es auch nicht, wenn manche von ihnen Gewalt gegen Andersdenkende nicht ausschließen würden (Gewalt aufgrund von Meinungsverschiedenheiten schließt der Objektivismus vollkommen aus).

Literatur

http://rcm-de.amazon.de/e/cm?t=terrrott-21&o=3&p=8&l=as1&asins=B0099N3362&ref=qf_sp_asin_til&fc1=000000&IS2=1&lt1=_blank&m=amazon&lc1=971919&bc1=000000&bg1=F2E2C1&f=ifr

9 Kommentare zu „Wahre und falsche Rechte

  1. Dir ist aber schon klar das es der Staat ist der faktisch die Rechte einschränkt, ich brauche keinen Dienstleister für Wasser aber ich darf per Gesetz auch keine eigenen Brunnen für mein Wasser boren was soll dass denn?? nee was du schreibst ist grundsätzlich nicht falsch aber du denkst zu kurz.

      1. Bzw der Einfachheit halber an den Grund binden.

        Die Idee, daß dem Grundeigentümer nur die Oberfläche gehört, die darunterliegenden Bodenschätze aber an Andere dach Gutdünken des Staates vergeben werden führt zu allerhand Widersprüchen.
        Wer gewinnt – Einfamilienhaus oder Braunkohletagbau?

        1. Es stimmt aber schon, dass es nicht ganz so einfach ist. Denn wie viel des Grundwassers, das durch die eigene Erde durchfließt, gehört einem denn? Das Grundwasser fließt ja durch mehrere private Grundstücke durch.

  2. Vor einer Weile schon in einer ähnlichen Diskussion geschrieben, aber ich denke an dieser Stelle passend(und hoffentlich nicht zu lang…:

    Grundrechte oder Individualrechte, nur an eine Bedingung geknüpft:Du bist ein Mensch.

    Daher müssen Grundrechte für alle Menschen absolut gleich gelten, ohne weitere Bedingungen zu verlangen wie z.B. Hautfarbe, Geschlecht, sexuelle Identität Religion, Beruf, Bildungsabschluss, Grundstücksgröße, Aktienbesitz, Ernährungsgewohnheiten, Lieblingsfarbe , politische Meinung Usw.

    Individualrechte haben den Sinn Menschen voreinander zu schützen. Ich darf niemanden körperlich angreifen, noch bestehlen oder Gewalt aufgrund anderer Meinungen antun.
    Allgemein betrachtet: Ich darf keine Gewalt initiieren.

    Der Staat hat als neutrale Instanz die Aufgabe die Individualrechte der Menschen zu schützen. Das ist seine Hauptaufgabe, denn das kann nur der Staat. Auch er darf keine Gewalt initiieren sonder nur auf Gewalt der Menschen reagieren.
    Grundrechte: freie Meinungsäußerung, Eigentum, körperliche Unversehrtheit allgemein wieder: Ich habe ein recht darauf, das mit mir Gewaltlos umgegangen wird. Damit erzeuge ich bei anderen die Pflicht mit mir gewaltlos umzugehen. Dieselbe Pflicht lege ich auch mir auf. Das Konto von Recht und Pflicht ist ausgeglichen.

    Warum habe ich ein Problem mit den verlangten Grundrechten nach:
    gesundendem Essen, Unterkunft, Wasser, Strom, Bildung, angemessene Bezahlung (Mindestlohn)

    Um Strom zu haben, muss jemand Strom erzeugen, Um Wasser in die Eigene Badewanne zu transportieren muss jemand Leitungen Bauen, für ein Dach über dem Kopf brauche ich einen Dachdecker, und evt. noch einen Bauingenieur, einen Ziegelbrenner, einen Maurer und noch ein paar andere Leute.
    Wenn ich also ein Recht auf Strom(oder Wasser wie hier) postuliere, bedinge ich gleichzeitig eine Pflicht zur Stromerzeugung(bzw. Wasserbereitstellung) Wenn ich ein recht auf gesundes Essen will, brauche ich eine Pflicht zum Anbauen, Kochen usw.
    Ich erzeuge Pflichten auf der einen Seite, ohne Rechte auf der anderen.
    Der Mindestlohn, macht das sehr gut deutlich. Er erzeugt eine Pflicht „angemessen“ zu bezahlen. Der Unternehmer hat kein Recht auf einen Mindestlohn. Würde man einen „Mindestunternehmerlohn“ befürworten? Eine „Mindestgewinnquote“? Ich nicht. Denn daraus würde sich ein „Mindestumsatz“ ergeben, daraus „eine Mindestkaufquote“ bei einem Unternehmen.
    Siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96lflecktheorem

    Ein Grundrecht auf Strom gilt meinetwegen für alle, die Pflicht zur Stromerzeugung aber dann schon wieder nicht. Wenn jeder seinen Strom selbst erzeugt, braucht es ja kein Grundrecht mehr.

    Beim Mindestlohn wird es noch schlimmer. Das Recht auf Mindestlohn besteht nur bei Lohnarbeitern. Bei Unternehmern besteht es nicht. Und Unternehmer bekommen obendrauf noch die Pflicht zur Zahlung des Lohns.

    1. In beiden Fällen ist das Konto aus Rechten und Pflichten nicht für alle Menschen ausgeglichen → nicht gerecht

    2. Die Rechte werden nicht auf Basis der Eingenschaft :“Ist Mensch“ sondern auf Basis weiterer Eigenschaften vergeben Bsp.: „Ist Unternehmer“ oder „Ist Elektroingenieur und weiß wie man Strom erzeugt“. Merkmale wie Beruf, Bildungsstand, Kapital. → nicht individuell, daher keine Menschenrechte

    3. Wenn niemand freiwillig Strom erzeugt oder einen angemessenen Lohn zahlen will besteht die einzige Möglichkeit des Staates diese „Rechte“ dennoch zu garantieren in initiierender Gewalt oder deren Androhung. Wer den Lohn zahlen kann, aber nicht will, geht ins Gefängnis. → initiierende Gewalt seitens des Staates. Er negiert seinen eigentlichen Zweck.

    Aufgrund dessen sind die angeführten Dinge keine Menschenrecht. Niemand hat ein Recht diese Dinge von jemand anderem einzufordern, da er ihm im Gegenzug das selbe Rechte/Pflichtenpaket nicht zugesteht.

    1. Ein weiteres Problem mit derartigen „Rechten“ ist, daß sie von einem konstanten Bedarf an den betreffenden Gütern ausgehen:

      Heißt „Recht auf Wasser“ denn nun „2L Trinkwasser täglich“, „ein Vollbad alle 2 Tage“ oder „Swimmingpool und Rasensprenger in der Wüste“?

      1. Das ist die Frage der „gerechten“ Rationierung, wenn es zu wenig Wasser zum Überleben für alle gibt – und es ist wieder die Frage ob z.B. ein Reicher, nur weil er es sich leisten kann, bei Ressourcenknappheit, mehr und unnötiger verbrauchen darf als ein Armer, der sich „nur“ das Überlebensnotwendige leistet!

        1. „wenn es zu wenig Wasser zum Überleben für alle gibt“, dann besteht eine Notfallsituation, in der alle beteiligten „im selben Boot“ sitzen. Und ausklabüstern müssen, ob sie lieber kooperieren oder konkurrieren wollen, was von verschiebenen Faktoren der Situation abhängt (u.a. voraussichtliche Dauer bis zur Auflösung der Krise).
          Möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass Geld in einer solchen Situation gar keine Rolle spielt (was sollte man sich auf einem Rettungsboot kaufen können?)

        2. Eine Situation in der es um das nackte Überleben auf Kosten des Lebens anderer geht ist keine moralische Situation. Es ist absurd von einem derartigen Ausnahmezustand auf eine universelle Moral zu schließen.
          Oder anders ausgedrückt: Für einen Objektivisten ist das eigene Leben der höchste Wert. Wenn keine andere Wahl zum Überleben bleibt, als ein anderes Leben zu nehmen, dann gibt es nur eine mögliche Handlung. Man könnte sogar sagen, dass das noch im Bereich der Moral liegt.

          Glücklicherweise kann sich jeder im Westen seine Wasserversorgung leicht erarbeiten.

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