Eine echte Vergewaltigungskultur – und eine erfundene

In der Süddeutschen Zeitung vom 8. Februar (Nr. 33) gibt es einen Artikel von Karin Steinberger über eine echte Vergewaltigungskultur, die indische. Ich habe sie einmal der deutschen Kultur gegenübergestellt, damit auch jeder versteht, was es bedeutet, wenn Feministen von einer „Vergewaltigungskultur“ in Deutschland sprechen.

Indien: Das Opfer muss die Polizei bezahlen, damit sie die Vergewaltiger verhaftet und strafrechtlich verfolgt. Normalerweise schaut sie bei solchen Fällen weg.

Deutschland: Die Polizei verfolgt Vergewaltiger strafrechtlich, unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten des Opfers.

Indien: Frauen werden wie eine Ware gehandelt. Eine Frau kostet zwischen 14 und 500 Euro (1000-40000 Rupien).

Deutschland: Frauen muss man als Mann umwerben. Frauen bestimmen selbst, mit wem sie zusammen sein möchten.

Indien: Ein 13-jähriges Mädchen wurde im kleinen Ort Pillu Kheda von vier Jungen vergewaltigt und im Straßengraben liegen gelassen. Sie schleppte sich zur Straße und rief nach Hilfe. Zwei Arbeiter vergewaltigten sie noch einmal. Ein Rikscha-Fahrer nahm das Kind mit, um es nach Hause zu bringen, vergewaltigte es noch einmal und warf es in den Straßengraben zurück. Ein Lastwagenfahrer nahm es schließlich mit nach Hause – und vergewaltigte es neun Tage lang. Es wird gesellschaftlich erwartet, dass das Mädchen sich umbringt.

Deutschland: Solche Fälle existieren hier nicht und sind unvorstellbar. Vergewaltigung ist gesellschaftlich verpöhnt, Kindesmissbrauch steht praktisch auf einer Ebene mit Mord laut der öffentlichen Meinung. Auch strafrechtlich wird Kindesmissbrauch konsequent verfolgt und hart bestraft.

Indien: Frauen verlieren an Wert, je niedriger die Kaste ist, der sie angehören. Frauen der niedrigsten Kaste sind quasi vogelfrei.

Deutschland: Alle Frauen haben gleiche Rechte. Es gibt hier kein Kastenwesen.

Indien: Frauen dienen als Haushaltshilfe, für den Sex und für das Aufziehen der Kinder. Danach werden sie weiterverkauft.

Deutschland: Frauen entscheiden selbst, was sie aus ihrem Leben machen. Alle Berufe stehen ihnen offen. Sie können sich für oder gegen Kinder entscheiden.

Führt der Kapitalismus zu einer „Vergewaltigungskultur“?

Indien hat eine Vergewaltigungskultur. Deutschland nicht.

Wer behauptet, in Deutschland – oder irgendwo im Westen – gäbe es eine Vergewaltigungskultur, macht sich der groben Verharmlosung schuldig.

Die Gründerin und Hauptorganisatorin des „V-Days“ (Vagina-Day), die linksradikale Aktivistin Eve Ensler (Die Vagina-Monologe), sagte folgendes in einem Interview mit „live mint“:

Was ist diese Vergewaltigungskultur, in der wir leben? Eine Kultur, in der einige wenige mit Macht jene dominieren, die keine haben. Wo Menschen das Feld eines anderen besetzen, weil sie die Macht haben und sie landlos machen […] Es gibt eine Kultur, die im Kapitalismus entstanden ist, die im Patriarchat entstanden ist, bei der es wirklich um Herrschaft und Besetzung geht, und ihr Endprodukt ist Vergewaltigung.

Aus dem Kapitalismus heraus – den es in Indien und in der islamischen Welt nicht gibt – sei also die „Vergewaltigungskultur“ entstanden.

Nein, im Kapitalismus geht es um produktive Tätigkeit und freiwilligen Austausch von Werten. Man besetzt nicht einfach die Erde mit Gewalt. Wilde Horden besetzen die Erde mit Gewalt, Kapitalisten machen sie produktiv durch ihre eigene Arbeit nutzbar. Man wandelt brachliegende Erde mit seiner körperlichen und geistigen Arbeit in für Menschen nutzbares Land um. So funktioniert der erstmalige Eigentumserwerb im Kapitalismus laut John Locke. Gewalt ist das Leitprinzip des Sozialismus, in der Menschen ihres Eigentums und ihrer Rechte beraubt werden, und auch der Stammesgesellschaften, die solche Konzepte von Anfang an gar nicht kennen.

Der V-Day ist frauenfeindlich

Der Name „V-Day“ für den Valentinstag ist selbst schon eine frauen- und männerfeindliche Geschmacklosigkeit, die nicht gemeinhin als solche verstanden wird. Den Valentinstag in „Vagina-Day“ umzubenennen und einen Tag, der für die friedliche Vereinigung der Geschlechter zu beiderseitigem Vorteil steht, in einen Tag gegen gewalttätige Männer umzufunktionieren, entspricht in etwa der Idee, den Muttertag stattdessen „Penis-Tag“ zu nennen und statt die Leistungen der Mutter zu würdigen, vielmehr am Muttertag gegen die Rabenmütter zu demonstrieren, die ihre Kinder misshandeln.

Die Verknüpfung des Begriffs „Vergewaltigungskultur“ mit der freien Welt, wo nach objektiven Maßstäben gleiches Recht für alle gesprochen wird, entspricht einer so groben Verharmlosung des wahren Problems der Vergewaltigungskultur in tribalistischen Gesellschaften wie Indien oder der islamischen Welt, dass ich den verantwortlichen Feministen hiermit vorwerfe, dass ihnen die Vergewaltigung von Frauen tatsächlich vollkommen gleichgültig ist.

Ich weiß, dass ich mich durch meine Beiträge zum Thema Feminismus nicht gerade beliebt gemacht habe, weder beim Durchschnittsleser, noch in der säkularen Szene. Die Kritik einer Ideologie wurde als Frauenfeindlichkeit aufgefasst. Aus meiner Sicht ist der radikale Feminismus – und obwohl „radikal“ davorstehen sollte, ist er so weit verbreitet, siehe V-Day, dass ich ihn manchmal mit dem „Feminismus“ gleichsetze – eine anti-liberale, anti-aufklärerische Ideologie, die ebenso die Geschlechter gegeneinander aufhetzen möchte, wie der Marxismus Wohlhabende und weniger Wohlhabende in verschiedene Klassen einteilte, die angeblich verfeindet sein müssten. Obwohl es in der freien Welt keine Klassen gibt. Und kein Patriarchat.

Wann immer ich solche umstrittenen Themen aufgreife, tue ich mir damit auf kurze Sicht keinen Gefallen. Als Aufklärer sehe ich es trotzdem als meine Pflicht an, auch den gesellschaftlichen Konsens anzugreifen, wenn er sich nicht rational begründen lässt. Und wenn er in der Tat zutiefst unmoralisch ist.

3 Kommentare zu „Eine echte Vergewaltigungskultur – und eine erfundene

  1. Und noch eins von diesen Argumenten à la „Was habt ihr denn? Die dort sind noch viel schlimmer dran, also seid gefälligst zufrieden!“

    Deinen Gedanken zum Valentinstag stimme ich zu. Aber der erste Teil des Artikels ist … naja.

    In Deutschland sind Vergewaltigungen immer noch ein zu großes Problem. Du spulst dich hier an einem feministischen Kampfbegriff auf und behauptest quasi „Was habt ihr denn? Die Frauen in Indien sind noch schlechter dran. Also seid gefälligst zufrieden!“

    Nur haben deutsche Frauen nicht viele Gründe, zufrieden zu sein.

    Hier mal ein krasses Beispiel:
    http://www.spiegel.de/panorama/justiz/vorwurf-der-vergewaltigung-landgericht-essen-spricht-angeklagten-frei-a-855639.html
    Ein Vergewaltiger wird freigesprochen, weil sich sein Opfer nicht genug gewehrt hat.

    In anderen Fällen wird Vergewaltigungen niedrige Priorität eingeräumt. Untersuchungen nach einer Anzeige können schon mal mit einigen Wochen Verzögerung beginnen. Das Vorgehen ist dann häufig, das Opfer so unter psychischen Druck zu setzen, bis es die Anzeige zurückzieht. In dem Fall kann man dann das Opfer anzeigen und zu Sozialarbeit verdonnern. Fall geschlossen. Zurück zur Kaffeepause.

    Dazu kommen noch unzählige Fälle, in denen Opfer zu beschämt sind, um sich an die Polizei zu wenden, nachdem sie von Familie und vermeintlichen Freunden unter Druck gesetzt werden, besser alles für sich zu behalten.

    Sicher haben wir es hier besser als in Indien. Sogar besser als in den USA. Aber das heißt nicht, dass es nichts zu meckern gäbe. Es ist egal, was auf einem Gesetzblatt steht. Zurzeit werden Frauen immer noch vor Behörden und selbst vor großen Teilen der Zivilbevölkerung anders (schlechter) behandelt.
    Der Kampf für Frauenrechte (oder Menschenrechte und Bürgerrechte, die auch Frauen zugestanden werden) ist auch in Deutschland immer noch gerechtfertigt.

  2. Alexia, Frauen haben es in Deutschland offensichtlich sehr viel besser als Männer, und man muss ziemlich verblendet sein, um das zu bestreiten. Frauen leben länger, arbeiten kürzer, lebenszeit- und wochenbezogen, und deshalb auch weniger gut bezahlt. Mädchen werden in der Schule erwiesenermassen ungerechtfertigt besser beurteilt, ihr ruhigeres Sozialverhalten fliesst in die Fachnoten ein. Bei Scheidungen werden die Männer systematisch benachteiligt.
    Die Genitalverstümmelung – nur von männlichen Kindern- wird von deutschen Bundestag, bislang offensichtlich strafbar, legalisiert, auch wenn Nichtmediziner rumschnippeln. Es nimmt ja bereits surreale Ausmaße an. Die Aufnahmetests der Medizin Uni Wien werden solange geändert, bis endlich 50% Frauen bestehen.

    Zum Spiegelartikel. Da wird erstens kein Vergewaltiger freigesprochen, sondern ein dessen Angeklagter. Da steht weiters „Wenn man unseren Rechtsstaat ernst nimmt, hätte das Gericht nicht anders urteilen können“, sagt: der Anwalt der Klägerin.

    Es ist auch wenig zielführned, es weiter auszuführen, wer es noch nicht begriffen hat, wird es wohl eben nicht wissen wollen.
    http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/wie_sexismus_entsteht_-_und_warum_es_dafuer_keine_entschuldigung_gibt

  3. Wo mir gerade eine Tokyoter U-Bahn über die Füße gefahren ist, musste ich an den Artikel denken:

    „Der Aufruf zur Denunziation von Chikan-Verdächtigen hat in der jüngsten Zeit seinerseits ein neues Verbrechen hervorgebracht. Jugendgangs schicken Mädchen in volle Züge, die sich gezielt neben wohlhabend aussehende Männer stellen und unabhängig davon, ob sie angefasst wurden oder nicht, nach einigen Minuten „Chikan“ rufen. Die Gang-Mitglieder greifen sofort ein und schleppen den vermeintlichen Täter am nächsten Bahnhof auf den Bahnsteig. Dort fordern sie eine Geldzahlung, damit sie ihn nicht der Polizei übergeben. Aus Scham und Angst zahlen die meisten.“
    (Wikipedia, Artikel zu Chikan: http://de.wikipedia.org/wiki/Chikan )

    Auch sehr interessant ist, dass für Verdachtsfälle dieser Art der sexuellen Belästigung die Beweislast umgekehrt zu sein scheint (was in D-Land bislang „nur“ ein soziales, kein juristisches Problem ist)

    Kann es sein, dass wir so langsam in die post-zivilisatorische Phase abgleiten?
    (wo „post-“ doch so cool ist…)

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