Zur Abwechslung einige provokative Gedanken – hört man ja so selten von mir:
1. Was wollte Immanuel Kant?
Mit seinen eigenen Worten:
„Ich kann also Gott, Freiheit und Unsterblichkeit zum Behuf des notwendigen praktischen Gebrauchs meiner Vernunft nicht einmal annehmen, wenn ich nicht der spekulativen Vernunft zugleich ihre Anmaßung überschwenglicher Einsichten benehme […]. Ich mußte also das Wissen aufheben, um zum Glauben Platz zu bekommen […]“
(Kritik der reinen Vernunft, fett unterlegt von mir)
„Da sie also in der Tat nicht wollen, vermutlich weil sie nicht können, so müssen wir jene doch nur wiederum zur Hand nehmen, um die Begriffe von Gott, Freiheit und Unsterblichkeit, für welche die Spekulation nicht hinreichende Gewährleistung ihrer Möglichkeit findet, in moralischem Gebrauche der Vernunft zu suchen und auf demselben zu gründen.“
> Will heißen: Es gibt eigentlich keinen vernünftigen Grund, an Gott zu glauben, aber wir sollen es trotzdem tun, weil wir Gott für den Erhalt der Moral brauchen – den Erhalt der christlichen Moral der Selbstaufopferung.
(Kritik der praktischen Vernunft)
> Kant wollte das Christentum vor der Vernunft, vor der säkularen Aufklärung retten, vor allem den Glauben an Gott und Unsterblichkeit und Willensfreiheit. Während die Willensfreiheit seine Bemühungen nicht benötigt hätte (er glaubte das Gegenteil wegen eines ehrlichen Fehlers, weil er ein Anhänger des hume’schen Verständnisses von Kausalität war, anstelle des aristotelischen), so war es Kant möglich, genügend Menschen zu verwirren, dass sie weiterhin an Gott und Unsterblichkeit glaubten. Oder diesen Glauben verteidigen, obwohl sie nicht daran glauben.
2. Wie wollte Kant das erreichen?
„Ich dagegen sage: es sind uns Dinge als außer uns befindliche Gegenstände unserer Sinne gegeben, allein von dem, was sie an sich selbst sein mögen, wissen wir nichts, sondern kennen nur ihre Erscheinungen, d. i. die Vorstellungen, die sie in uns wirken, indem sie unsere Sinne affizieren.“
(Kritik der reinen Vernunft)
Kant bezweifelte die Erkenntniskraft der Vernunft. Er behauptete, unsere Wahrnehmung würde automatisch durch die „Kategorien“, durch Verzerrungsmechanismen in unseren Köpfen gefiltert, weshalb wir die nouminale, wahre Wirklichkeit nicht wahrnehmen, sondern nur die Welt der Phänomene, die ein Produkt der verfälschenden Verarbeitung von Sinnesdaten durch unseren Geist ist. Wir sind blind, weil wir Augen haben. Wir sind taub, weil wir Ohren haben.
3. Was ist daran Aufklärung?
Kants philosophisches System ist das Gegenteil von Aufklärung. Allerdings hat er andere Werke geschrieben, die als Aufklärung gelten können. Schließlich lebte er während der Aufklärung und konnte seinen Geist nicht vollkommen dagegen verschließen.
4. Warum halten viele Deutsche Kant für einen großen Aufklärer?
Kant hatte einen schwer verständlichen Stil voller langer Schachtelsätze. Er hat viele tausend Seiten verfasst. Er hat ein großes, in sich weitgehend logisches System entwickelt (was ja auch eine Errungenschaft ist – wäre es nur kein System für die Verteidigung einer Lüge). Und er war ein Professor. Wie die Deutschen vom Anti-Philosophen Hegel und vom „Betrüger“ Fichte (Karl Popper) beeindruckt waren, sind sie auch von Kant zu beeindrucken. Überhaupt sind die Deutschen historisch von jedem beeindruckt gewesen, der auf unverständliche, hochgeistig klingende Art das Irrationale, Barbarische und die Dummheit selbst verteidigte. Wenn meine Facebook-Diskussion über Kant ein Hinweis ist, werden sie nicht allzu bald damit aufhören. Er genießt einen unheimlichen Respekt unter vielen Atheisten, der mich tief schockiert hat.
5. Was sagt der Objektivismus über Kant?
Siehe: http://aynrandlexicon.com/lexicon/kant,_immanuel.html
„Kant ist der bösartigste Mensch der Menschheitsgeschichte“ (Ayn Rand)