Wir führen alte ideologische Grabenkämpfe weiter. Dabei gibt es produktivere und interessantere Möglichkeiten, über Ethik und Politik nachzudenken.
Es ist so, als gäbe es sehr große und einflussreiche Gruppen in westlichen Nationen, die noch immer alte Götter anbeten. Sie marschieren durch die Straßen mit Huitzilopochtli-T-Shirts und treffen dort auf die verfeindeten Anhänger des babylonischen Stadtgotts Marduk.
Wir sollten an die Geschichte und Literatur rund um Ideologien wie Kommunismus und Faschismus akademisch herangehen und sie nicht als Orientierung heranziehen. Sie gehören zu unserer Geschichte, sie haben unser kulturelles Denken beeinflusst. Ich lese Marx genauso wie die Bibel und den Koran: Als Literatur. Gelegentlich entdeckt man einen schönen Satz, einen guten Gedanken darin und auch einiges, das man heute abstoßend findet.
Man kann sich mit Ideologien befassen, aber man sollte es nie isoliert und exklusiv tun. Wer Marx liest, muss auch Mises und Rand lesen, wer Rand liest, muss auch sozialdemokratische und konservative Autoren lesen. Und Intellektuelle, die jenseits von beschränkten Kategorien denken.
Wer Schriften aus verschiedenen Epochen und von unterschiedlichen Kulturen liest, bemerkt, dass sich die Bedürfnisse, Werte und Wünsche der Menschen größtenteils ähneln. Wer neben den Vertretern von Ideologien auch ihre Kritiker der Lektüre würdigt, erkennt die Stärken und Schwächen verschiedener Ideen, wie diese Wünsche, Werte und Bedürfnisse befriedigt werden können.
So sollten wir an Ethik und Politik herangehen: Wie Wissenschaftler, die Fakten auswerten und Schlüsse aus diesen ziehen.