Ist Tierwohl egal, weil manche Veganer arrogant sind?

Auf Facebook teilte der Stern einen Artikel namens „Restaurant kickt alle Gerichte für Veganer von der Karte, weil die zu „selbstgefällig“ sind – deren Reaktion spricht Bände“. Hier der Beitrag. Auf dem zugehörigen Bild sind hochnäsige Veganerinnen abgebildet. Die meisten Kommentatoren freuen sich darüber, dass das Restaurant auf vegane Gerichte verzichtet. Ich habe ihnen meine Meinung gesagt.

Nun durfte ich in der Vergangenheit selbst auf Twitter Bekannschaft mit arroganten bis sogar menschenverachtenden Veganern machen, aber das tut nichts zur Sache. Entweder gibt es gute Argumente für ethischen Veganismus oder es gibt keine beziehungsweise sind sie hinreichend oder nicht. Ich habe also einen Kommentar verfasst, den Facebook als den relevantesten unter über 6600 anderen eingeordnet hat. Ich kann entweder Leuten gut auf den Keks gehen oder ich kann gut zum Kern eines Themas vordringen. Oder beides.

Die Einordnung des Themas als „arrogante Snobs versus breite Masse an anständigen Bürgern“ dient manchen dazu, die ethische Frage einfach abzutun, ob mit unserer Tierhaltung und unserem Fleischkonsum alles in Ordnung ist. Nun gibt es natürlich hochnäsige Veganer, aber es gibt auch unter grausamer Massentierhaltung leidende Lebewesen. Und letzteres Thema ist viel relevanter, gesellschaftspolitisch und ethisch betrachtet. Hochnäsigkeit kann man schon kritisieren, manche Veganer befinden sich in einer privilegierten Position. Aber man sollte sich auch mit dem Kern des Themas befassen.

Meine eigene Arbeitshypothese lautet, dass wir zwar Tiere essen können, aber dass wir sie nicht quälen dürfen. In der Massentierhaltung werden sie aber in der Regel gequält. Daraus kann man verschiedene Schlüsse ziehen. Ich habe mich entschlossen, auf Biofleisch umzusteigen. Zwar gibt es mit Bio auch Probleme, aber die Bio-Tierhaltung ist nach meinem Informationsstand sehr viel besser als die konventionelle.

Andere mögliche Reaktionen auf die unheimliche Tierquälerei in der Massentierhaltung sind Vegetarismus und Veganismus. Jeder kann sich überlegen, womit er selbst am besten klarkommt. Und ja: Wenn es um die eigene Gesundheit oder gar das eigene Überleben geht und man wirklich nicht das Geld für Bio und Fairtrade hat, dann greift man natürlich zu konventionellen Produkten.

Ich bin weit gegangen und habe sogar meine Prioritäten im Leben geändert. Ich gebe jetzt mehr Geld für Lebensmittel aus und weniger für andere Dinge. Ich kenne die Kritik an Bio und Fairtrade. Bio hat viel mit Esoterik zu tun und Fairtrade ist eine halbgare Kompromisslösung. Trotzdem ist beides eben, in bestimmten Bereichen, besser als konventionelle Lebensmittel. Fairtrade hat höhere Sozialstandards und Bio höhere Tierwohlstandards. Und das sind für mich die entscheidenden Aspekte.

In Facebook-„Diskussion“ wurde ich mit dem Argument konfrontiert, dass ich ein Heuchler sei, wenn mich Tierwohl irgendwie kümmert. Schließlich profitiere ich durch meinen Konsum von anderen Produkten von der Ausbeutung von Menschen in Drittweltländern und auch von Tierquälerei auf weniger offensichtliche Art. Klar, das ist so, aber es ist insofern keine Heuchelei, als ich meinem Informationsstand gemäß handle. Je mehr ich darüber erfahre, inwiefern für welche Produkte Tiere und Menschen leiden müssen, desto mehr kann ich auf andere Produkte umsteigen. Und soweit das gar nicht umsetzbar ist, bin ich dafür auch nicht individuell verantwortlich.